15.03.2024
Schlosspark Nymphenburg: Sensoren zur Messung des Wassergehalts schützen Linden vor Misteln
So schön die Mistel als weihnachtliche Dekoration ist, so schädlich ist sie für die ehrwürdigen Linden. Wie zum Beispiel in der Hochallee des Schlossparks Nymphenburg in München. Einzelne Exemplare des Halbparasiten (lat. Viscum album ssp. album) sind für einen gesunden Baum ungefährlich, doch durch die klimatischen Veränderungen im Rahmen des Klimawandels breiten sich Misteln immer stärker in den Parkanlagen aus. Im Rahmen eines Pilotprojekts werden die Auswirkungen von Mistelbefall auf die Bäume des Münchner Schlossparks untersucht. Die Bayerische Schlösserverwaltung zieht ein positives Zwischenfazit des Projekts.
Warum ist die Mistel ein Problem?
Aus den geschlossenen Gehölzbeständen bringen Vögel wie die Misteldrossel, die Mönchsgrasmücke oder der Seidenschwanz immer wieder neue Mistelsamen in die Allee und zu besonders schützenswerten Einzelbäumen im Park. Ist ein Baum dann zusätzlich durch Schädlinge, Trockenheit oder Krankheiten geschwächt, so kann extremer Mistelbefall zum Absterben einzelner Kronenbereiche oder des ganzen Baumes führen. Starker Mistelbefall wird dabei vor allem im Winter sichtbar.
Alle Misteln aus dem Schlosspark zu entfernen ist nicht möglich, der Pflegeaufwand wäre dafür nicht darstellbar. Daher versucht die Schlösserverwaltung, den Mistelbefall mit innovativer Messtechnik zu erforschen, um ihm so gezielt und effizient entgegenwirken zu können. Seit 2022 analysiert ein Pilotprojekt den Zusammenhang von Baumvitalität und Mistelbefall, um den Bäumen effektiv zu helfen. Dabei messen Sensoren bei 27 Linden in der Hauptallee den Wassergehalt in der jeweiligen Baumkrone.
Was zeigt der „Herzschlag“ der Linden?
Die einzelnen Sensoren sind mit Sendern versehen und etwa so groß wie ein Handy. Alle 15 Minuten werden die Daten kabellos auf eine digitale Plattform übertragen. Mit den aufgezeichneten Werten sollen sinnvolle Rückschnittintervalle und die Art und Weise des Rückschnitts der Misteln definiert werden. Nach einem Jahr Messungen und Erhebungen konnten bereits interessante Ergebnisse erzielt werden, aus denen sich Handlungsstrategien zur weiteren Optimierung der Baumpflege ableiten lassen. Besonders starke Eingriffe in die Kronenarchitektur etwa führen zu einem Verlust der Baumvitalität und vergrößern die Anfälligkeit und Empfindlichkeit gegenüber der Mistel. Das Baum-Management der Bayerischen Schlösserverwaltung hat deshalb die Art des Rückschnitts der Misteln neu definiert: Im Grobastbereich (maximal 10 cm starke Äste) wird nicht mehr der Ast, sondern nur noch die Mistel zurückgeschnitten. Ziel der Maßnahme ist es, den Befallsdruck der Mistel zu minimieren, wobei ein arttypischer Baumhabitus erhalten bleibt. Zudem soll ein ausreichender Neuaustrieb gegeben sein, welcher durch Beschattung das erneute Wachstum abgeschnittener Misteln verlangsamt. Nur im Feinastbereich wird künftig die Mistel komplett entfernt, inklusive eines Rückschnitts bis ins gesunde Holz.
Die Sensoren werden noch bis Ende 2024 in den Linden verbleiben und liefern somit weiterhin wichtige Daten zur Beobachtung über einen längeren Messzeitraum. Bei der Hälfte der Versuchsbäume wurden 2023 durch das Baum-Management alle Misteln entfernt. In der folgenden Vegetationsperiode kann nun erfasst werden, wie schnell und wie gut sich die Bäume vom Mistelbefall erholen.
SEITE TEILEN
LESEN SIE AUCH